Es war buchstäblich eine „Mittagspause mit allen Sinnen“, die die rund 50 Besucherinnen und Besucher in der vergangenen Woche am Evangelischen Verwaltungsverband Köln-Mitte/Süd erleben konnten. Eingeladen hatte Geschäftsführer Markus Besserer, der das Format zum zweiten Mal auf die Beine gestellt hatte. Er begrüßte auch die vielen Gäste aus Kirche, Wirtschaft und Politik, darunter auch Superintendent Bernhard Seiger, Superintendentin Susanne Beuth, den Brühler Bürgermeister Dieter Freytag und den stellvertretenden Landrat Bernhard Ripp.
Es sei gut, dass dies kein „sad desk-lunch“ sei, sagte Bürgermeister Dieter Freytag und erläuterte diesen Begriff aus dem Amerikanischen, wo viele Mitarbeitende in ihren Firmen allein vor dem Computer schnell ihr Mittagessen einnehmen. Dies war in Brühl am Verwaltungsverband eindeutig anders. In seinem Impulsvortrag ging Freytag auf das Thema Ehrenamt ein, das in Nordrhein-Westfalen nach Forsa-Angaben im Jahr einen durchschnittlichen Wert in Höhe von 19 Mrd. Euro habe. Dies sei vergleichbar mit dem Gewinn von Google im vierten Quartal des vergangenen Jahres oder dem Bruttoinlandsprodukt von Island.
„Ehrenamtliche Arbeit ist kostbar und für die Gesellschaft unentbehrlich“, sagte der Bürgermeister weiter. Im Rhein-Erft-Kreis gebe es 54 ehrenamtlich Helfende pro 100 gemeldete Personen, die sich im Durchschnitt im Jahr rund 200 Stunden lang engagieren. Diese Ehrenamtler wären in allen Bereichen von Kultur, Sport, Wohlfahrtspflege, Feuerwehr und der Politik zu finden. Der Krieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie oder auch die Klimaveränderung hätten gezeigt, dass die Herausforderungen unserer Zeit stetig wachsen. Er habe gerade noch mit dem Verwaltungsvorstand zusammengesessen und über die Situation mit der Gasversorgung und der Stromversorgung gesprochen und sie hätten sich Gedanken gemacht, wie dies Ende des Jahres aussehen könne, berichtete Freytag über seine Herausforderungen im Amt eines Bürgermeisters. Bei vielen Herausforderungen sei der Beitrag des Ehrenamtes ein zentraler Baustein und er zitierte den Philosophen Aristoteles: „Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel anders setzen.“
Ehrenamtliches Engagement in Brühl allgegenwärtig
„Umso stolzer bin ich daher, dass ehrenamtliches Engagement in Brühl allgegenwärtig und in vielen Bereichen unserer Gemeinde zu finden ist“, sagte Bürgermeister Freytag weiter. Er erinnerte auch an das Engagement vieler Freiwilliger in Brühl und in der Nachbarstadt Erftstadt nach den Unwettern im vergangenen Jahr. Der Wandel der Zeit bringe aber auch immer neue Herausforderungen, wie durch den Krieg in der Ukraine und den vielen geflohenen Menschen mit sich. Die Corona-Pandemie habe jedoch auch dazu geführt, dass Menschen sich nicht so engagieren konnten, wie in der Vergangenheit. Dies sei eine Herausforderung. Das Ehrenamt müsse weiter attraktiv für die interessierten Menschen sein und er verwies als Beispiel auf die Ehrenamtskarte des Landes NRW. Er dankte den vielen Organisationen und auch den Kirchen, die hier einen großen Beitrag leisten. „Es berührt mich zu sehen, wie die Prinzipien von Solidarität und Nächstenliebe für viele Menschen nach wie vor so selbstverständlich sind und die daraus entstehenden Aufgaben ohne Zögern angenommen und angegangen werden.“
Nach Gesprächen bei Smoothies, Kaffee und Warps erinnerte Superintendent Bernhard Seiger in einer kurzen Andacht daran, dass auch die Jüngerinnen und Jünger von Jesus Christus keine hauptamtlichen Stellen innegehabt hätten. Christliche Kirche lebe da, wo Menschen sich aus ihrer Überzeugung heraus einsetzen würden. Davon lebe Gemeinde, die Diakonie, die Nachbarschaftshilfe, die Flüchtlingsarbeit und vieles andere. Weiter zitierte er die Band Silbermond, die ein Lied über „leichtes Gepäck“ geschrieben hat. Nach diesem „leichten Gepäck“ würden sich viele Menschen in unseren Tagen angesichts der vielen Bedrohungen sehnen. „Vielleicht ist es das, was dran ist“, sagte Bernhard Seiger weiter, „reduzieren auf das Wesentliche.“ Drei Fragen würden die wichtigen Dinge des Lebens aufzeigen. „Wofür können wir dankbar sein? – Worauf können wir hoffen? – Was können wir tun?“ Superintendent Seiger erinnerte daran, dass jeder Mensch mithelfen könne und schloss die Andacht und die „Mittagspause mit allen Sinnen“ mit einem Segen.